MINUSMACHEN ist der heilsame Newsletter über die Abgründe der Tech-Industrie und zertrümmerte Männerseelen.
Heute: Persönlichkeitsgestörte in der Wirtschaft.
2. Ausgabe: “Psychos essen Seele auf” - Ob in der Wirtschaft, in der Politik, im Staatsdienst und manchmal im Privatleben: Schwere Persönlichkeitsstörungen wohin das Auge reicht. Dunkle Triade - Tendenz steigend. Dass das eine Gefahr darstellt, ist so sicher wie als Biker für die folgende Aussage in einer Biker-Kneipe ermordet zu werden: “Ich ziehe gerne eine Skinny-Jeans an und dehne mich nachts im Regen unter einer Laterne.”
Blick in den Abgrund
Nehmen wir ein x-beliebiges Tech-Unternehmen und stellen uns einen Mann vor, der Bruno Bosch1 heißt. Er ist seit knapp zwei Dekaden Angestellter und Manager innerhalb der Tech-Industrie. Hier sein Blick in den Abgrund:
Diese Woche hat sich grundsätzlich wie ein mittelschweres Arbeitslager angefühlt. Ich lande spät in Berlin und mein Taxifahrer tut das Gegenteil, was ein guter Taxifahrer grundlegend tun sollte: Er redet ohne Punkt und Komma. Ich sage ihm, dass ich Schweigen ziemlich super finde und dass er sich Trinkgeld abschminken kann, wenn er nicht augenblicklich sein Maul hält. Er wollte mir das hart gewordene Taxifahrerleben erklären, was mir allerdings am Arsch vorbei geht.
Er macht sich Sorgen? Seine Arbeitszeit wird nicht weniger, sie wird überflüssig werden. Und wie ich unsere Politik einschätze, wird sie auch künftig nichts unternehmen, soziale Konzepte für die Auswirkungen der Automatisierung, KIs und sonstiger Geburten der Tech-Industrie zu entwickeln. Ich bin auch der Letzte, der dazu Konzepte sehen will, denn ich gestalte diese Welt massiv mit.
Scheiße, letztes Jahr hat die Tech-Industrie sogar mindestens 113 Millionen Euro für Lobbyismus in der EU ausgegeben. Und ich saß mittendrin. Geistig abwesend wie die Rentner, die im Musikantenstadl Apfelsaftschorle trinkend mit glasigen Augen am Takt vorbeiklatschen. Im Hintergrund liegt Heino irgendwo im Schatten und stirbt.
Wenn mein Taxifahrer sich im Klaren darüber wäre, was ich schon alles mit meiner Arbeit angerichtet habe und erfreulicherweise noch anrichten werde, hätte er mich sicherlich geknebelt zu einem verlassenen Landstrich gefahren, mir die Beine gebrochen und mich in einem tiefen Erdloch der Verwesung überlassen. Aber er ist sich nicht im Klaren darüber. Er ist gefangen in einer Realität, in der er sich durch seinen Feierabend doom scrolled und durch Algorithmen auf Menschen wütend ist, die noch weniger Privilegien haben als er selbst.
Während er also hinter dem Lenkrad seiner bald nutzlosen Berufung nachgeht, stelle ich mir vor, wie er sich in zehn Jahren von Fünf-Minuten-Terrinen ernähren wird. Meine Zukunft sieht da sicherlich etwas rosiger aus, wenn ich mir zweimal am Tag am beheizten Pool oder im Bunker den Schwanz lutschen lasse und mein Vermögen sich einfach selbst reproduziert. Wenn mir langweilig wird, schreibe ich “inspirierende” Motivation Slides und poste sie auf LinkedIn.
Ich werde einfach ein beschissener Mensch sein und das so unsichtbar wie möglich. Generell: Wer einen Teil seines Wohlstands nicht ins Unsichtbarwerden steckt, ist eh ein Verlierer. Der Taxifahrer und ich halten kurz Augenkontakt über seinen Rückspiegel, dann starre ich wieder aus dem Fenster und fühle weiterhin nichts.
Wo Minus gemacht wurde
Womit wir beim Thema wären: Persönlichkeitsgestörte designen unsere Welt. Und sie sind exzellent darin, sich zu tarnen. Also Obacht.
In der Wirtschaft weisen etwa 12% der Führungskräfte im oberen Management Merkmale einer dissozialen Persönlichkeitsstörung auf, 12-mal häufiger als in der allgemeinen Bevölkerung. Diese Entwicklung ist so signifikant, dass es dafür sogar einen spezifischen Begriff gibt, sogenannte Corporate Psychopaths. Eine andere Untersuchung schätzt den Anteil der CPs unter CEOs sogar auf bis zu 21%.
“Corporate psychopaths are […] simply those psychopaths who exist successfully in society and work within corporations […] They are conceptualized as highly career-oriented but ruthless, unethical, and exploitative employees.”
Dr. Clive Boddy, Associate Professor für Management & Leadership (Anglia Ruskin University)
(Narzisstische Persönlichkeitsstörungen treten ebenso häufig bei Führungskräften auf, surprise - surprise.)
Übrigens reproduziert sich dieses System mit seinen Machtgefällen und Zerstörungsfanatasien selbst, denn narzisstische Psychopathen zieht es für die berufliche Ausbildung und Studium vor allem in die Wirtschaft. Denk daran, wenn du auf der nächsten Party von einem Krypto-Blockchain-KI-BWL-Mutanten zu Tode gelangweilt wirst und verzweifelt nach einem Ausweg suchst.
Unternehmen stehen hier vor weitreichenden Herausforderungen bei der Frage wie man derartig Persönlichkeitsgestörte erkennt und wie man mit ihnen umgeht. Ein Beitrag des Fortune griff in dem Zusammenhang einen Aspekt auf, bei dem einem kalter Angstschweiß in den Schlüpfer läuft: Man erkennt Corporate Psychopaths nur sehr schwer, weil sie durch ihre manipulativen Fähigkeiten dazu in der Lage sind, Eigenschaften effektiver Führung zu mimen - zum Beispiel Charisma, Überzeugungskraft und Kreativität. So schaffen sie es, langfristig nicht enttarnt zu werden. Ihr Erfolgsnarrativ ist wie eine schusssichere Weste.
“While there are a number of ways that organizations can potentially reduce the number of psychopaths in their ranks, the first order of business should be to recognize that this is a problem and to stop glorifying traits that psychopaths excel at. Instead, maybe companies should start by glorifying traits like empathy and prosocial behavior instead.”
Simon Croom, Professor für Supply Chain Management (University od San Diego)
Jede Rüstung hat natürlich ihre Schwachstellen und genau das wissen “erfolgreiche” CPs sehr gut.
Dazu zwei Gedanken:
Wenn man Unternehmen dazu aufruft, Eigenschaften wie Empathie und prosoziale Verhaltensweisen stärker in den Fokus zu nehmen, dann adressiert man damit in erster Linie die Entscheider (in der Regel Männer). Und wenn bis zu 21% dieser Entscheider selbst narzisstische Psychopathen sind und die Veränderungen designen würden, wie kann man dann sicherstellen, dass man nicht an der Nase herumgeführt wird?
Erfolgreiche Persönlichkeitsgestörte sind meisterhaft darin, sich zu tarnen. Zufälligerweise sind Empathie und prosoziale Verhaltensweisen Eigenschaften, die man hervorragend mimen kann. Potentielle CPs verstecken sich also einfach noch ein bisschen besser, womit sie noch schwerer zu erkennen sind und so weiter und so fort. CPs brauchen keine Hilfe, ihr Modus lautet sich selbst zu verteidigen und Gefahren (“Hilfe”) anzugreifen.
(Es ist ein bisschen so, als würde man Joe Gerner (GZSZ) dabei erwischen, wie er sich selbst in den Mund bumst.)
Potentielle Lösungsskizze gefällig? Erst jüngst wurden wir Zeuge, wie sich Elon Musk und Mark Zuckerberg öffentlich Prügel androhten, so richtig erbärmlich mit Fehdehandschuh und potentiellem Live Event im Kolosseum in Rom. LOL.
Wieso hat bisher niemand die Idee geäußert, das Celebrity Deathmatch als reale Eventreihe neu aufzulegen? Nicht mal auf Reddit gab’s dazu brauchbare Visionen. Sowas wie: Der Kampf zwischen Musk und Zuckerberg sollte ein Kampf auf Leben und Tod sein. Der Sieger bekommt die Firmen und den Reichtum des Anderen. (SO enteignet man Milliardäre, Herr Lindner.) Warum lassen wir die ganzen Corporate Psychos sich nicht einfach gegenseitig gladiatorenstyle ausradieren, in dem wir an ihren Narzissmus appellieren? (Nur so eine Idee, MTV. Hätte auch eine ziemlich hohe Einschaltquote, ist serienkompatibel und riecht nach Relevanz.)
Wie ich’s pitchen würde
Jeder 5. Boss ist wie Patrick Bateman, aber er kann es gut verstecken und dich mit Gaslighting der Extraklasse beschäftigt halten.
Nicht alle BWL-Studierenden sind Psychos, aber fast alle erfolgreichen Psychos sind BWL-Studenten.
Psychos sollen das Problem mit Psychos selbst in den Griff bekommen und schmeißen mit Nebelkerzen um sich (“Empathie” als berufliche Eigenschaft).
MTV könnte sich die Taschen vollschlagen, wenn es Milliardäre in die Gladiatoren-Arena nötigen würde, tut es aber nicht.
In diesem Sinne: “Es reibt sich mit der Lotion ein”, “Ist alles eine Frage des Mindsets” und “Der Markt regelt das schon”.
Das war die 2. Ausgabe des heilsamen Newsletters über die Abgründe der Tech-Industrie und zertrümmerte Männerseelen. Sag’s auch den Anderen.
Ähnlichkeiten mit real existierenden Personen (abgesehen von Personen des öffentlichen Lebens) oder Situationen sind rein zufällig.
Fantastisch!